Kleine Geschichte Bunderhee Steinhausstraße Nr. 3

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Von Alma Groeneveld-Relotius

Kleine Geschichte des Anwesens Steinhausstraße Nr. 3 in Bunderhee, vormals Haus Nr. 6 bzw. Landstraße Nr. 6

Es ist zu vermuten, dass das Haus Nr. 6 in Bunderhee um 1880 als Wohn- und Wirtschaftsgebäude von dem Landwirt Eyso Gerhard Busemann, wohnhaft auf dem Hof Nr. 5 gegenüber, auf der zu diesem Hof gehörenden und bis dahin wahrscheinlich landwirtschaftlich genutzten Fläche errichtet wurde. Sein Erscheinungsbild war für die damalige Zeit und diese Gegend sehr ungewöhnlich: Das quer stehende, verputzte und weiß gestrichene Wohnhaus, dessen Innenwände aus Stein, Lehm und „Kaff“ bestehen, mit dem in traditioneller Bauweise aus Ziegelsteinen errichteten Wirtschaftsgebäude dahinter. Da der Bau klar in Wohnhaus und Wirtschaftsteil mit Stallungen und einer Scheune gegliedert ist, bedeutete dies, dass Versorgungseinrichtungen wie z. B. Küche und Waschküche im hinteren Gebäudeteil untergebracht waren, und dass auch weitere Installationen wie etwa Heizkessel und Wasseranschluss, welche im Laufe der Jahrzehnte vorgenommen wurden, hier ihren Platz finden mussten.

In jenen Tagen verfügten die Bewohner über genügend Personal, „Dennsten“ genannt („groot Knecht un lütje Knecht – groot Maaid un lütje Maaid“), so dass sie sich fast ausschließlich im Wohngebäude aufhalten konnten. Zunächst wohnten die beiden unverheirateten Schwestern E. G. Busemanns, Hinrika B. (1820 -1901) und Eelbern Coenen B. (1826-1889), in diesem Haus. Von den beiden „Jüffers“ ging stets die Rede: „Sä satten in de Villa un wassen klätt in swart un lilai“. Anzunehmen ist, dass das Anwesen auch als späterer Alterssitz für Eyso Gerhard Busemann (1828-1895) und seine Ehefrau Fraulina Antoinette Amalie, geb. Buseman (1828-1881) aus Weener gedacht war. Zu dieser Nutzung kam es aber nicht mehr, da beide noch auf dem von ihnen bewirtschafteten Hof Nr. 5 starben.

Nach dem Tod von Hinrika Busemann im Jahre 1901 fand Hermann Otto Busemann, einziger verbliebener Sohn Eyso G. Busemanns und damit Erbe des Hofes Nr. 5, seine Schwester Heilwine (1868-1942), verheiratet mit Anton Bernh. Diddens (1861-1909) und wohnhaft auf dem nach Süden benachbarten Hof an der heutigen Mühlenstraße in Bunde, vermutlich im Rahmen einer Erbauseinandersetzung ab und wurde Eigentümer des Hauses Nr. 6. In den folgenden knapp 20 Jahren wurde das Haus mitsamt dem dahinter liegenden Sandland verpachtet, u. a. an Pastor van Scharrel. Die Namen weiterer Pächter sind nicht überliefert.

Hermann Otto Busemann (1869-1953) und seine von Bunderneuland stammende Ehefrau Alma Scheltjea, geb. van Scharrel (1876-1956), eine Tochter von Bernhard Hebedorus van Scharrel und Ehefrau Foelkelina, geb. van Scharrel, verließen nach der Heirat ihres jüngsten Sohnes Friedrich im Jahre 1930 den Hof Nr. 5 und zogen mit ihrer elfjährigen Tochter Lina in das Haus Nr. 6. Zuvor waren noch etliche Umbauten getätigt worden: Auf dem geräumigen Dachboden, der bis dahin wohl nur als Abstellraum gedient hatte, wurden zwei Zimmer ausgebaut, eines nach Süden für Lina und eines nach Norden als Gästezimmer. Die Stiege, die rechts neben der Tür des kleinen Nordzimmers im Erdgeschoss nach oben führte, wurde entfernt und eine neue Treppe in entgegengesetzter Richtung samt Podest eingebaut. Die Bauweise des Treppengeländers wurde später immer als problematisch empfunden, da die Stäbe recht weit auseinander stehen und deshalb eine Gefahr für kleine Kinder darstellen. Das Treppenhaus sowie der Flur im Dachgeschoss mit einem Oberlicht in der Decke und der Wandschrank wurden verkleidet. lm westlichen Dachboden wurde hinter der Tür ein „Speckschrank“ eingebaut, und hinter dem Treppenpodest entstand ein Kriechschrank.

An der Nordwand der Scheune wurde angrenzend an den Flur im vorderen Teil des Wirtschaftsgebäudes eine Toilette eingebaut, die sogar mit einem Urinal ausgestattet war. An der Tür dieses Raums befand sich bis in die 50er Jahre ein Schild aus Blech mit einem Katzenmotiv darauf sowie folgendem Spruch: „Verlasse diesen Platz so sauber wie die Katz, damit ihn auch dein Hintermann genauso sauber halten kann!“ Außerdem wurden in den beiden Wohnzimmern im Erdgeschoss Heizkörper installiert, die an eine neue Warmwasser-Heizungsanlage angeschlossen wurden. Alle anderen Räume beheizte man weiterhin mit Öfen (Torf und Koks). Zu diesem Zeitpunkt hatte das Haus die Anschrift „Landstraße 6“.

Wahrscheinlich aufgrund des Anerbengesetzes vom 15. Mai 1933 und dessen Ausführungsbestimmungen errichteten die Eheleute Busemann wenige Monate später ein Testament, in dem sie verfügten: „Unsere Tochter Lina erhält das Privathaus No. 6 von den Eheleuten Hermann Busemann und Frau Alma, geb. van Scharrel zur Zeit bewohnt, mit dem Zier-, Obst- und Gemüsegarten sowie die Weide hinter dem Garten zur Gesamtgröße von 2.50.43 ha. Unser Sohn Friedrich soll das Vorkaufsrecht haben, falls unsere Tochter Lina das von uns bewohnte Privathaus No. 6 mit den dazu gehörenden Ländereien zum Verkauf stellen sollte.“ Das Testament endet wie folgt: „Eigenhändig geschrieben und unterschrieben, Hermann Busemann – Das vorstehende Testament soll auch als mein Letzter Wille gelten. Alma Busemann, geb. van Scharrel – Ich, der unterzeichnete Landwirt Hermann Busemann, genehmige die Erklärungen meiner Ehefrau. Bunderhee, 15ter August 1933. Hermann Busemann.“

Am 27. Dezember 1934 wurde laut Nr. 282 des Notariatsregisters für 1954 vor dem Notar Dr. jur. Wübbo van Lessen von den dort erschienen Hermann Busemann als Eigentümer sowie Eisso Gerhard Busemann als Pfleger der minderjährigen Lina Busemann in Bunderhee wie folgt verhandelt, genehmigt und unterschrieben: „Hermann Busemann überträgt als Erbhof an seine minderjährige Tochter Lina Busemann, als Anerbin 4. Ordnung vertreten durch ihren Pfleger, von dem im Grundbuch von Bunderhee Band 4 Blatt 124 verzeichneten Grundbesitz die Parzellen 88/15 und 89/16 Kartenblatt 8 und Parzelle 25/9 Kartenblatt 9 zur Gesamtgröße von 7.28.41 ha (Anm.: Sandland bzw. Bunder Interessentenpolder gegenüber dem Hof Nr. 19 von Bernhard Busemann) und den Grundbesitz Bunderhee Band 1 Blatt 8 Haus Nr. 6 mit Hofraum, Garten und Weide zur Größe von 2.50.43 ha.“ Damit galt das Anwesen als Erbhof.

In einem Schreiben des Amtsgerichts Weener vom 20. März 1935 heißt es: „Am 19. März 1935 ist die Lina Busemann, geboren am 17. August 1918, aufgrund der Auflassung vom 27. Dezember 1934 als Eigentümerin des in Bunderhee belegenen im Grundbuche von Bunderhee Band I Blatt Nr. 8 bisher auf den Namen des Landwirts Hermann Otto Bernhard Busemann in Bunderhee eingetragenen Grundstücks in das Grundbuch eingetragen worden.“ Lina Busemann war demnach bereits im Alter von sechzehn Jahren Eigentümerin des Anwesens Nr. 6.

Nunmehr auf dem Altenteil, widmete sich Herrmann O. Busemann, wegen seiner Lockenpracht auch „Krull-Busmann“ genannt, weiter seiner Pferdezucht. Legendär ist die Fuchsstute „Seemärchen ll“, die 33 Jahre alt wurde, nachweislich zwanzig Füllen zur Welt brachte und – nachdem sie auch im hohen Alter noch leichte Arbeiten verrichten konnte – nach wohlverdientem Gnadenbrot im Jahre 1942 das Zeitliche segnete. Daneben galt das Interesse des Altbauern nach wie vor seinen Schafen und Lämmern, den Hühnern und vor allem den Zuchttauben. Für die kleinen weißen Tauben mit den schwarzen Flügeln ließ er an der rückwärtigen Außenwand des Stalls mehrere Taubenschläge anbringen.

Alma Busemann befasste sich gerne mit der Gartenpflege, sicherlich unter Mithilfe des Personals. Durch den großen Ziergarten führten etliche Wege an den zahlreichen Blumenbeeten vorbei. Der Gemüsegarten umfasste auch einen Teil des Sandlandes, wo neben allerlei Gemüsesorten, die dort gezogen wurden, auch Beerensträucher wuchsen. Ein seinerzeit angelegtes Spargelbeet existierte noch bis in die 50er Jahre. Ebenso lange stand ein Quittenbusch an der Grenze zwischen Obst- und Ziergarten, aus dessen Früchten Likör und Quittenbrot zum Naschen sowie ein Kompott hergestellt wurde. Diesen weckte man ein und reichte ihn gerne an Kindergeburtstagen als „Quitten ut Glas“. lm Obstgarten wurden die Stämme der Apfel-, Pflaumen- und Birnbäume stets weiß gekalkt.

Auch das Gartenhaus, welches in der südwestlichen Ecke des Grundstücks stand, erstrahlte in jährlich erneuertem Weiß. In Höhe des Eingangs befand sich auf der anderen Seite des daran entlang führenden Weges ein Ständer für Blumenkästen, der ebenfalls einen weißen Anstrich hatte. lm „Tuunhuske“ verbrachten die Altenteiler mit ihren Gästen im Sommer manche Stunde im kühlen Schatten der Kastanie, und wenn sie „Tee un Koekjes“ wünschten, so klingelten sie nach den Dienstmädchen. Im Übrigen wurde immer wieder mit einem Augenzwinkern berichtet, dass „dat Tuunhuske“ zur abendlichen Stunde willkommener Treffpunkt verliebter Pärchen aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis sowie auch aus den Reihen der Dienstboten in der Umgegend war.

In den nun folgenden Jahren wurde viel Geselligkeit im Hause Busemann gepflegt, zumal die drei Söhne mit ihren Ehefrauen und Kindern ebenfalls in Bunderhee wohnten und häufig bei den Eltern und Großeltern vorbeischauten: Eisso Busemann und Christine („Tiny“), geb. Groeneveld aus Bunderhee mit Alma, Johann, Heiko und Rudolph auf dem Hof Nr. 40, später Landschaftspolder; Bernhard Busemann und Jeannette, geb. Müntinga aus Grotegaste mit Alma, Hermann, Alida, Johanna, Jan und Gerta auf dem Hof Nr. 19; sowie Friedrich Busemann und Rudolphine („Wiwy“), geb. Groeneveld aus Bunderhee mit Herta und Reenold auf dem Hof Nr. 5. Somit war das Haus häufig Treffpunkt der Kinder und vor allem auch der Enkelkinder, die Haus und Garten mit Leben füllten.

Während sich an den Geburtstagen der Eltern die Festgesellschaft im großen Wohnzimmer aufhielt, fiel der Tochter Lina im kleinen Wohnzimmer jenseits der Schiebetür stets die Aufgabe zu, die zahlreichen Neffen und Nichten zu hüten und zu bewirten, was nicht immer einfach war, und so stürzte beim Toben auch schon mal eine Kanne mit Kakao um, sehr zu Linas Leidwesen. Neben der engeren Familie kamen auch weitere Verwandte und Bekannte aus Bunderhee, Bunde, Bunderneuland, „van’t Poller“, Midlum und Weener „up Teevisite“ oder „up Abendvisite“.

Mit den engsten Nachbarn, den drei ledigen Schwestern Anni, Leni und Mimi Relotius („Lotjeboers“ genannt) pflegten Busemanns nur wenig Kontakt, da diese sehr zurückgezogen lebten. Alma Busemann interessierte sich für die Familiengeschichte und pflegte deshalb auch die Kontakte zu entfernteren Familienmitgliedern, die in Twixlum und Suurhusen in der Krummhörn, in Detern („Jümmerker Land“) sowie in Höxter (Cousine Alma) wohnten. Wegen der Entfernung und der zu damaliger Zeit umständlichen Fahrten per Eisenbahn blieben diese Besucher meist über mehrere Tage. Da Alma Busemann weltoffen und kontaktfreudig war, lud sie zudem gerne nette Menschen, die sie während ihrer zahlreichen Reisen und Kuraufenthalte im Harz, in Osnabrück, Bad Salzuflen und Bad Rothenfelde kennen lernte, nach Bunderhee ein. So beherbergte das Haus in den weiteren Jahren Gäste aus Hannover (Familie Twardy), Dortmund (Lilly und Heinz Scheele), Markoldendorf bei Einbeck (Familie Wilcke) und aus Verden (Fräulein Sefzik, frühere Hauslehrerin der drei Söhne).

Hermann Busemann waren die vielen Gäste durchaus willkommen, da sie Abwechslung ins Haus brachten. Dem Geplauder der Damen wird er sicherlich, in seinem Ohrensessel sitzend und am „Bostklopper“ ziehend, seiner langen Pfeife mit dem Porzellankopf, stillvergnügt gelauscht haben. Außerdem bot der Besuch ihm natürlich Gelegenheit, seine zahlreichen Tiere zu präsentieren.

Neben der Beschäftigung mit den vielen Gästen widmete man sich im Hause Busemann auch gern dem Musizieren: Mutter und Tochter spielten Klavier (Lina daneben noch Gitarre und Laute) und gerne wurde dazu gesungen. Feine Handarbeiten jeglicher Art wurden ausgeführt: Lochstickereien, Strick- und Häkelsachen für die Enkelkinder sowie allerlei Flickarbeiten, welche in der großen Familie sicherlich häufig anfielen.

Die Ereignisse des Tages wurden von Alma Busemann über Jahrzehnte akribisch in ihrem Landwirtschaftskalender notiert. Sie war daneben viele Jahre (seit 1916) als Vorsitzende des Missionsvereins, später auch des „Vaterländischen Frauenvereins“, tätig. Im Detail plante sie die Sitzungen und hielt alle ihre dafür vorgesehenen Ansprachen in einem Büchlein fest. lm Rahmen dieser Tätigkeit hatte sie allerlei Korrespondenz zu erledigen, und so kam es, dass sie in jenen Jahren auch Kontakt zu einer von diesem Verein betreuten Missionsstation in Togo aufnahm. Mit dem dort tätigen einheimischen Pastor Kwami pflegte sie fortan regelmäßigen Briefwechsel, so dass sich im Briefkasten des Hauses Nr. 6 hin und wieder auch schwert, weil ihr als Mädchen der Besuch einer höheren Schule versagt blieb, und sie daher keine Fremdsprache beherrschte.

Das nun schon etwas betagte Ehepaar Busemann ging mit der Zeit und stellte 1936 einen „Antrag auf Einrichtung einer Fernsprechanlage“, mit der man sicherlich noch schneller und einfacher Kontaktpflege betreiben und Neuigkeiten aus der Gegend „rund um’t Zingel un van’t Kakelhörn na’t Achterweg“ austauschen konnte.

Lina Busemann verbrachte im Haus Nr. 6 unbeschwerte Jugendjahre, vor allem im Kreise der Cousinen und ihrer vielen Freundinnen. Manchmal blieben diese auch für einige Tage im Hause, worüber sich Lina besonders freute, da sie wie ein Einzelkind aufwuchs und überwiegend von Erwachsenen umgeben war. Es wurde gespielt, musiziert und vor allem am Abend, wenn die Mädchen zu Bett gehen mussten, mit Begeisterung gereimt, z. B. „Die Lina von der Hermannsburg  …“, wodurch das Anwesen sogleich aufgewertet wurde!

In diesen Jahren wurde auch das Kränzchen gegründet, das rund siebzig Jahre Bestand bis zum Tode der meisten Mitglieder hatte. Fortan trafen sich jeden Monat reihum zur Teestunde und zum Schwätzchen: Lina Busemann aus Bunderhee, die Schwestern Lina und Gerda van Scharrel aus Bunderneuland, Hanna Diddens aus Bunde, Anna Swalve und Lina van Lessen aus Jemgumgeise sowie die Schwestern Anna und Tina van Scharrel aus Bunderneuland.

Lina Busemann besuchte zunächst die Volksschule in Bunde (Hinrich Meints war in ihrer Klasse) und wechselte später auf die Bunder Töchterschule (Klassenlehrerin Fräulein Sluyter). Danach ging sie zusammen mit Ella Koets auf das Mädchengymnasium in Leer (heute Teletta-Groß-Gymnasium) und verließ es nach der Mittleren Reife, um eine Ausbildung in Ländlicher Hauswirtschaft bei der Apothekerfamilie Wilcke in Markoldendorf, Kreis Einbeck anzutreten. Lina Busemann heiratete am 30. Juli 1942 in Bunderhee den Landwirt Bernhard Heinrich Groeneveld (geb. 21.3.1910) aus Bunderneuland, ältester Sohn von Arnold Dietrich Groeneveld von Norder-Christian-Eberhardspolder und seiner Ehefrau Margarete, geb. Diddens aus Bunde.

Auch nach der Eheschließung wohnte Lina Groeneveld weiterhin im Hause Nr. 6, da ihr Ehemann seit Kriegsbeginn als Soldat zunächst in Frankreich und später in Russland war, wo er am 8. Oktober 1943 in der Region um den Dnijepr fiel. Einige Male zuvor hatte Lina Groeneveld schon vom Fenster des kleinen Wohnzimmers aus beobachten können, wenn der Bürgermeister Ebens die Bunder Mühlenstraße in Richtung Bunderhee ging, schwarz gekleidet, was bedeutete, dass er die Nachricht vom Tode eines Soldaten dessen Familie überbringen musste. Stets war Herr Ebens vorher in Richtung eines anderen Hauses abgebogen oder aber am Haus Nr. 6 vorbeigegangen, was die Familie Busemann mit großer Erleichterung aufnahm, wenngleich auch mit tiefem Mitgefühl für die betroffenen Familien (z.B. die Familie Kolthoff nebenan). Als es sie nun selbst betraf, hatte Lina Groeneveld den Bürgermeister nicht kommen sehen, und so erhielt sie die traurige Nachricht von ihrem Vater oben in ihrem Zimmer. Das Kind, das sie erwartete, wovon ihr Ehemann vielleicht nicht mehr erfahren hat, verlor sie im Frühjahr 1943. Es wär ein Junge.

Während des Krieges stand das Haus Nr. 6 weiterhin offen für Verwandte und Bekannte vor allem aus den größeren Städten, die hier Ruhe und Sicherheit fanden und denen ein vergleichsweise reich gedeckter Tisch geboten wurde. Bemerkenswert ist, dass die Städter sich rasch an die ländlichen Gepflogenheiten anpassten und eifrig bei allen Arbeiten in Haus und Garten mithalfen, z. B beim Schlachten und Einkochen, bei der „großen Wåsche“ und beim Bleichen sowie beim Harken oder Graben. Dabei mögen sie auch Hermann Busemann behilflich gewesen sein, der sich auf der hinteren Fläche des Gemüsegartens ein kleines Tabakfeld angelegt hatte, wohl aus Sorge, seine ständig schmauchende lange Pfeife könnte wegen der Rationierung eines Tages ausgehen. Aus dem Jahre 1944 ist verbürgt, dass er eines Tages zwischen seinen Tabakpflanzen stand, als seine Tochter Lina von einem Besuch auf Bunderneuland zurückkehrte, und ihr zurief: „Nun is’t heelmal miss! De Führer is dod! Dat was säker Kurkil mit sien Tommys!“

Als gegen Ende des Krieges im Frühling 1945 die kanadischen Truppen einrückten, blieb das Haus Nr. 6 von Zerstörungen verschont. Mehrere Soldaten forderten eines Tages Zugang zum Haus, und als einer den betagten Hermann B. mit seinem Gewehr bedrohte, wurde er von Lina Gr. durch die Herausgabe eines Schmuckstücks beschwichtigt. Danach durchsuchten die Kanadier zunächst das Haus, fanden aber offenbar nichts Wertvolles. Bevor sie das Haus durch die große Eingangstür verließen, spielte ein Soldat auf dem Klavier wiederholt den Refrain „Deutschland, Deutschland über alles“, wobei er jedes Mal beide Unterarme auf sämtliche Tasten fallen ließ. Danach begaben sich die Soldaten in den Garten und durchsuchten den Boden mit langen Eisenstangen nach vergrabenen Wertsachen. Lina Groeneveld beobachtete dabei von dem kleinen Fenster im Stall aus, wie sie ihre Suchaktion im Gemüsegarten durchführten. Dort hatten Busemanns bereits im zeitigen Frühjahr die Kisten mit Schmuck, Silber und anderen Wertsachen vergraben – wohlweislich unter den noch kahlen Rhabarberpflanzen. Als nun die Soldaten den Gemüsegarten durchkämmten, kamen sie nicht auf den Gedanken, mit den Piken die inzwischen üppigen Rhabarberblätter zu durchstoßen, wie Lina Groeneveld zu ihrer Erleichterung feststellen konnte. So zogen die Soldaten unverrichteter Dinge weiter …

Als nach dem Krieg 1945 die großen Flüchtlingsströme aus Ostdeutschland nach Ostfriesland kamen, wurden auch einige Räume des Hauses Nr. 6 beschlagnahmt für die „Einquartierung“. Das betagte Ehepaar Reis, das hier nach einiger Zeit starb, die Familie Adalbert Buth, die später nach Bingum verzog, sowie ein etwas sonderbares Pärchen namens Egon und Wally fanden hier Unterschlupf. Die ruhige Atmosphäre des Hauses wurde durch die ständigen Streitigkeiten zwischen Egon und Wally gestört, insbesondere dann, wenn Alkohol im Spiel war, die Tür im oberen Nordzimmer zugeschlagen wurde oder Gegenstände von dort aus in den Flur oder aus dem Fenster geworfen wurden.

Auch auf dem Nachbarhof Relotius sorgten einquartierte Flüchtlinge für Aufregung: Eines Tages stand Leni, eine der drei Schwestern, am Zaun und winkte Alma Busemann aufgeregt herbei, um ihr mitzuteilen: „Alma, musst ehm hör! Vanachß is bi uns Flüchtlinge wat Lütjes geborn! Man neet een!! Twee!! Wor söll’n wi dor bloot mit henn???“ Hier wusste Alma Busemann Rat und brachte in umgehender Nachbarschaftshilfe zwei große Kommodenschubladen, die den beiden Säuglingen als erste Bettchen dienten.

In dieser bewegten Zeit blieb das Haus Nr. 6 auch von einem Einbruch nicht verschont. Lina Gr., die wegen der Flüchtlingszuweisung ihr Zimmer im Dachgeschoss räumen und deshalb im großen Wohnzimmer schlafen musste, hörte eines Nachts verdächtige Geräusche aus dem kleinen Nebenzimmer. Sie blieb aber ruhig und wohl auch verängstigt in ihrem Bett liegen und tat für den Rest der Nacht kein Auge mehr zu. Am nächsten Morgen entdeckte sie, dass nebenan das Fenster offen stand und dass das Radio, ein „Volksempfänger“, verschwunden war. Vom Täter fehlte natürlich jede Spur!

Am 28. Juli 1947 feierten Hermann und Alma Busemann in diesem Haus ihre Goldene Hochzeit mit allen Kindern und Enkelkindern. Für die Feier wurde alles aufgeboten, was in jenen Tagen, als Lebensmittel rationiert waren, nicht ganz einfach war: Für die vielerlei Torten wurde z. B. das Mehl großzügig von Müllermeister Evers aus Bunde geliefert, und der Likör zum Anstoßen auf das Wohl des Jubelpaares wurde selbst hergestellt. Vertreter der Kirche erschienen zur Gratulation und überreichten ein Gedenkblatt. Die große Familie versammelte sich zu einem Erinnerungsfoto vor der Südseite des Wohnhauses.

Am 31. Juli 1948 heirateten Lina, verw. Groeneveld, geb. Busemann und Heinrich Klinkenborg Groeneveld (geb. 8. Juli 1917 in Leer), Sohn von Emil Klinkenborg (geb. 21. Januar 1879 in Bunderneuland – jetzt Hof Goudschaal), am 28. Oktober 1911 verh. in Halle a.d. Saale mit Engelina, geb. Bohlmann (geb. 2. April 1881 in Westrhauderfehn).

Heinrich Groeneveld war ebenfalls in Bunderhee aufgewachsen, seitdem er und sein älterer Bruder Berthold im Alter von sechs bzw. acht Jahren am Silvester 1923 mit dem Pferdeschlitten von Leer nach Bunderhee auf den Hof von Meinhard und lda Groeneveld gebracht wurden. Dies Geschwisterpaar – Vetter und Cousine der Großmutter väterlicherseits – adoptierte die beiden Jungen später.

Durch die Hochzeit änderte sich erneut einiges „in`t witte Huus“. Nachdem die Flüchtlinge bis auf Frau Reis das Haus verlassen hatten, bezog das Ehepaar Busemann die beiden Räume im Dachgeschoss. Das Wohnzimmer nach Süden wurde zuvor verbreitert und erhielt ein neues schlichtes Fenster, welches mehr Licht durchließ, während das kleinere Zimmer nach Norden als Küche eingerichtet wurde. lhr großes Schlafzimmer im Erdgeschoss behielten die Busemanns. Das junge Ehepaar verfügte über die beiden unteren Südzimmer als Wohn- und Schlafräume sowie das kleine spätere Kinderzimmer gegenüber und die große Küche im Wirtschaftsteil.

In bescheidenem Rahmen wurde nun Landwirtschaft betrieben mit einigen Kühen und Schweinen sowie der Weide hinter dem Haus und einer Weide in Weenermoor. Mit Hilfe von zwei Pferden (Nora und Kathi) wurde das Ackerland auf dem Bunder Interessentenpolder gegenüber von Bernh. Busemanns Hof bestellt. Durch den Krieg hatten sich die Gepflogenheiten geändert, und das junge Ehepaar musste nun wie andere Bauern später auch aktiv tätig sein in der Landwirtschaft.

Diese war im Rheiderland noch wenig mechanisiert, und daher wurden nach wie vor „Dennsten“ gebraucht, wenn jetzt auch in geringerer Zahl. In den ersten Jahren bis 1954 arbeitete Anneus „Neke“ Winzenborg aus Bunde mit als Knecht, wie damals noch immer gesagt wurde. Seine Kammer befand sich in dem kleinen Raum neben der Eingangstür des Wirtschaftsgebäudes. Ihm folgte Gerd Hülsebus, ebenfalls ein Bunder, der gerne dem Alkohol zusprach und zu Jähzorn neigte. So kam es, dass er eines Tages wütend („niedech“) vom Heuboden in der Scheune aus eine „Forke“ nach Heinrich Groeneveld warf, weswegen er hier zugleich seinen letzten Arbeitstag verbrachte.

Da man im Haushalt noch ohne elektrische Helfer fürs Kochen, die Wäschepflege usw. auskommen musste, und viel Arbeit im Ziergarten und besonders im Obst und Gemüsegarten anlag, wurde hier ein Dienstmädchen benötigt. Als „Maaid!“ half zunächst Gesine Stifter aus Bunderhee mit, danach Leni Hickmann „van`t Haaid“ und schließlich Helga Freese aus Bunderhee. Die Mädchen, welche vor Ort wohnten, übernachteten in ihrem Elternhaus, während Leni Hickmann später mit im Kinderzimmer schlafen musste.

Bald stellte sich bei Heinrich und Lina Groeneveld der Nachwuchs ein: Alma Engelina (geb. 10. Februar 1949), Beate Margarete (geb. 8. April 1950) und Herta Ida (geb. 11. Oktober 1953). Die drei Mädchen waren die ersten Kinder von Eigentümern, die in diesem Hause geboren wurden.

Freud und Leid liegen oft dicht beieinander: Nach 23 beschaulichen Jahren auf dem Alterssitz starb Hermann Otto Busemann im Alter von 84 Jahren nach kurzem Krankenlager am 22. Oktober 1953 in diesem Haus, elf Tage nach der Geburt seiner jüngsten Enkeltochter Herta, die unverkennbar seine Lockenpracht geerbt hat. Die größeren Kinder Alma und Beate spielten gerne in Haus und Garten, vor allem im Gartenhaus. welches für Teestunden inzwischen weniger genutzt wurde. Zum Spielen kamen oft Kinder aus der Nachbarschaft, z. B. Hermann A. Müller und Berta Wilhelm aus dem „Kakelhörn“ ebenso wie die Kinder von Familie Heinrich Schoormann, die gegenüber in der Feldscheune vom Hof Nr. 5 in bescheidenen Räumen lebte. Mit altem Hausrat und abgelegten Gardinen richteten sich die Kinder mitsamt Puppen und Puppenwagen gerne im „Tuunhuuske“ häuslich ein.

Weiterhin fanden sich die langjährigen Freundinnen in Abständen bei Lina Groeneveld zum Kränzchen ein, inzwischen alle junge Mütter geworden, die gewiss genügend Gesprächsstoff hatten. Aber auch die Herren trafen sich allmonatlich reihum zu ihrem „Klub“; neben Heinrich Groeneveld und seinem Bruder Berthold gehörten dazu weitere Bunderheester Landwirte wie Diddo Diddens, Wilhelm Kok, Johann Müntinga, Bernhard Laute und Dietrich Christians. Letzterer beteiligte sich im Hause Groeneveld meist weniger an Gesprächen über Landwirtschaft, sondern saß lieber abseits und hielt der Hausfrau hilfsbereit eine um seine Handgelenke gelegte „Docks“ (Lage) Strickwolle entgegen, die sie dann zu einem Knäuel aufwickelte.

Der kleine Betrieb konnte die große Familie langfristig nicht mehr ernähren, und so pachteten Groenevelds im Herbst 1955 den Hof Nr. 41 in Bunderhee, der etwa zwei Kilometer entfernt lag, und zogen dorthin. Alma Busemann konnte nun wieder in die beiden Wohnräume im Erdgeschoss einziehen, und da sie schon betagt und kränklich war, wurde sie von Thea Koenen aus Bunde versorgt. Die beiden Nordzimmer im Vorderhaus sowie das Wirtschaftsgebäude und die Weide, die durch Hinzunahme eines Teils vom Gemüsegarten wieder vergrößert wurde, verpachtete man an Familie Kuper. Alma Busemann, die durch ihre Aufgeschlossenheit und Gastfreundschaft so viel Leben in das Haus Nr. 6 gebracht hatte, lebte hier noch ein Jahr lang alleine und starb im Alter von achtzig Jahren am 6. Dezember 1956 in Bad Zwischenahn, begleitet von ihrer Tochter Lina.

In die nun leer stehenden Räumlichkeiten zogen der Enkel Hermann Otto Busemann (adopt. Timmermann) und seine Frau Hanne, geb. Becker nach ihrer Hochzeit im Frühjahr 1957 ein. Hier verbrachte deren 1958 geborener Sohn Hans-Hermann seine frühen Kindheitsjahre, und man sah ihn im Sommer oft im „Kampke“ spielen, einem vor der Südseite des Wohnhauses eingezäunten Bereich, in dem er sicher aufgehoben war. Nachdem sie in diesem Haus einige glückliche und unbeschwerte Jahre verbracht hatte, wie später manchmal erwähnt wurde, zog die kleine Familie 1961 auf den Timmermannschen Hof in der Bunder Mühlenstraße.

Auf dem benachbarten Hof der Geschwister Relotius hatte Claas Relotius (geb. 23. Januar 1912) aus Klein-Barkau in Holstein im Jahre 1960 die Nachfolge angetreten. Sein Schwiegervater van Lupeseger aus Kiel zog 1961 nach dem Tod seiner Frau Hermine in die Wohnräume im Hause Nr. 6 ein, um in der Nähe seiner Tochter Inge (geb. 23. Oktober 1925) zu sein.

Da die Ortschaft Bunderhee seit 1959/60 über eine öffentliche Wasserversorgung verfügte, konnte Familie Relotius ein WC am linken Ende des Vorderflurs einbauen, der jetzt durch eine Wand vollständig vom hinteren Gebäude abgetrennt wurde. Die Eingangstür wurde mit einem Briefschlitz versehen. lm Garten wurden die Wege eingesät sowie die Blumenbeete entfernt und die nunmehr vergrößerte Rasenfläche mähten in der Folgezeit Claas Relotius oder seine Söhne Peter und Holger.

Elso Freese pachtete die zuvor von der Familie Kuper genutzten Räumlichkeiten und Ländereien, nachdem diese nach Weenermoor verzogen war. Da die Familie Freese bis dahin in Achterumshörn gewohnt hatte, „in`t Söbensteern“, einem alten verschachtelten Haus, in dem mehrere Familien lebten, äußerte sie sich nach dem Einzug sehr angetan von der Geräumigkeit der neuen Unterkunft im Hause Nr. 6. Später traten Herr und Frau Nagel, „Spieker“ genannt, die Nachfolge als Pächter an.

Als der von Heinrich und Lina Groeneveld gepachtete Hof Nr. 41 im Jahre 1970 an Georg Thoden verkauft wurde, der ihn selbst bewirtschaften wollte, gaben Groenevelds die Landwirtschaft auf und hielten Auktion. Nun stand der Wiedereinzug in „dat lütje Huus“ bevor. Herr und Frau Nagel zogen nach Bunde, während Herr Lubeseder auf dem Hof nebenan bei seiner Tochter Inge eine neue Bleibe fand.

lm Frühjahr 1971 wurden in der Landstraße 6 etliche Umbauarbeiten getätigt: lm großen Wohnzimmer wurden die innen angebrachten „BIinnen“, hölzerne Fensterläden, die ziehharmonikaähnlich nach beiden Seiten zusammengeklappt werden konnten, entfernt und die Fensterleibungen rechts und links verkleidet. Außerdem wurden hier ebenso wie in anderen Räumen neue Fensterbänke eingebaut. Der Fußboden im Wohnzimmer erhielt einen Estrichbelag, und im als Wohnküche vorgesehenen Nebenzimmer wurde ein Wasseranschluss installiert. In allen bewohnten Räumen wurden neue Heizkörper angebracht bzw. alle ersetzt. Nach Entfernen der Wand rechts neben dem WC war das Wirtschaftsgebäude wieder zugänglich. Angrenzend an die Scheune wurde am Nordende des Querflurs ein Badezimmer eingebaut. Die ursprüngliche große Küche diente als Hauswirtschaftsraum, in dem auch die Gasheizungsanlage untergebracht war, während die große Scheune als Garage das Auto beherbergte. Den Keller unter dem nördlichen Teil des Wohnhauses, dessen Zugang sich im Fußboden des kleinen Nordzimmers befindet, benötigte man nicht mehr, zumal er ohnehin sehr feucht war.

Im April 1971 zogen Heinrich und Lina Groeneveld mit ihrer Tochter Herta wieder in das Haus Landstraße 6 ein. Die Familie lebte sich schnell hier ein, zumal das Haus verglichen mit dem zuvor bewohnten Hof Nr. 41 wesentlich bequemer war. Außerdem war die günstige Lage zum Ortskern Bunde sehr vorteilhaft, während man das ländliche Umfeld ebenfalls zu schätzen wusste.

Da Heinrich Groeneveld ab Frühjahr 1971 als Vermessungsmitarbeiter tätig war, wurde von diesem Haus aus keine Landwirtschaft mehr betrieben und das Sandland hinter dem Haus zunächst an Georg Thoden und ab 1980 an Holger Relotius verpachtet. Der Pachtvertrag wurde im Laufe der Jahre mehrfach verlängert bis November 2006. Fortan widmete sich Heinrich Groeneveld in seiner Freizeit der Gartenarbeit, die bis dahin stets allein die Aufgabe seiner Frau gewesen war. Den Gemüsegarten bestellte er sorgfältig mit Kartoffeln, Spinat, grünen und „groot“ Bohnen, Porree sowie „Gröönte“ zum Würzen. Das frische Gemüse verarbeitete Lina Groeneveld anschließend für die Küche oder als Wintervorrat.

Winzig kleine Fichten, die Heinrich Groeneveld im Laufe der Jahre aus dem Urlaub in Österreich mitbrachte, fanden ihren Platz an der Grenze des Gemüsegartens zum Sandland. In einer Ecke wurden kleine Ableger von immergrünen Pflanzen kultiviert, und daneben blühten Rosen, Dahlien und Sommerblumen, an denen die Hausfrau ihre Freude hatte. Inmitten des Gemüsebeets stand ein großer, stets reichlich tragender Apfelbaum, dessen Früchte von der Hausfrau zu Apfelmus und Apfelschnitte verarbeitet sowie den Nachbarn überlassen wurden. Das alte Gartenhaus war mittlerweile verfallen und seine Reste wurden nach und nach fortgeschafft.

lm Vorgarten wurden Plattenwege angelegt sowie eine Sitzecke nach Süden im Wınkel zwischen Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude. Rund um das Vorderhaus wuchsen bald am Sockel entlang immergrüne Pflanzen wie Kirschlorbeer, Eiben, Rhododendren und Buchsbaum, welche der Hausherr stets durch sorgfältigen Schnitt in exakter Form hielt, ebenso wie die Hecke. Die alten Rosenstöcke erhielten einen neuen sonnigen Platz an der Südseite des Wirtschaftsgebäudes.

Bei einem heftigen Orkan am 13. November 1972 stürzten die beiden alten Eichen um, welche von jeher an den zur Straße gelegenen Ecken des Ziergartens gestanden hatten und das Anwesen prägten. Zudem hielten auch die zwei Blautannen an der Gartenpforte dem tobenden Sturm nicht stand, und die Feuerwehr musste anrücken, um die Straße wieder frei zu räumen. Einige Ziegel, die bei dem Sturm von der zur Straße gelegenen Dachseite des Wohnhauses geweht wurden und zerbrachen, wurden durch ähnliche von Wilhelm Wübbenas Hof in Bunde ersetzt. Auf die kahle Fläche an der südöstlichen Ecke des Grundstücks pflanzte Heinrich Gr. später zwei kleine Nordmannstannen und an die südliche Grenze eine Tanne sowie Ableger seiner Rhododendren.

Zur Nachbarschaft bestand guter Kontakt, zumal man sich ohnehin schon seit langem kannte, und bald fanden reihum Grillabende mit den Familien Schneider, Timmermann und Relotius statt, welche zuweilen feucht-fröhlich verliefen. Ansonsten half man sich gegenseitig auch gerne einmal aus, wenn dies erforderlich war (z. B. bei Stromausfällen und Sturmschäden, später auch durch Kinderhüten). Zur Familie Relotius gehörte nach ihrer Hochzeit mit Holger Relotius (geb. 4. März 1948 in Klein – Barkau) am 24. September 1971 nun auch Käthe, geborene Groeneveld (geb. 14. Juli 1949 in Bunderneuland, älteste Tochter von Albert Groeneveld und Gerda, geb. van Scharrel, der Cousine von Lina Groeneveld).

Im Zuge der Niedersächsischen Gemeindereform 1972 erhielt das Haus die Anschrift „Steinhausstraße 3“. lm selben Jahr verließ die jüngste Tochter Herta auch ihr Elternhaus, das fortan vom Ehepaar Groeneveld allein bewohnt wurde. Lina Gr. nahm kurz darauf ihre Tätigkeit als Schwesternhelferin im Kreiskrankenhaus Leer auf, wo sogleich ein weiteres Kränzchen gegründet wurde.