Der Dollart entstand vom 15. bis 17. Januar 1368 in der zweiten Marcellusflut. Bei der Cosmas- und Damian- Flut am 26. September 1509 hat sich der Dollart noch weiter ausgedehnt. Diese Angaben sind nicht eindeutig, sie dazu auch einen Wikipedia-Artikel.
Der Dollart bedeckt eine Stadt und viele Dörfer, Klöster und Höfe.
Wie eine Halbinsel ragt der Nordteil des Rheiderlandes in die Dollartbucht hinein, und bei Pogum steht man vor dem Deich auf schmalem Vorland an ihrer äußersten Spitze. Wo bei Ebbe eine graue Schlickwüste sich dehnt, wo bei Hochwasser von der ostfriesischen bis zur holländischen Küste die Fluten wogen, liegt „verdrunken Land“ über dessen sand- und schlickbedeckte Fluren jetzt Schiffe fahren.
Seit Jahrhunderten zeigen die ostfriesischen Landkarten die große Dollartbucht, die jetzt allerdings nur noch ein Drittel ihrer ehemaligen Ausdehnung besitzt – ehedem reichte sie bis nach Bunde hinauf und weit nach Holland hinein – doch bevor das Meer dort eindrang, lag dort, wo jetzt ein Gebiet „weder Land noch Meer“ sich dehnt, ein reicher Landstrich. Dem Wanderer, der am Deich von Pogum steht und nach Norden und Westen schaut, will es kaum möglich erscheinen, dass dort, wo jetzt dann und wann die „Buttjer“ des Rheiderlandes mit ihren flinken „Kreiern“ zu ihren Fangstellen hinausfahren, in rascher Schlittenfahrt über den Schlick dahingleiten, noch zu geschichtlicher Zeit blühende Dörfer, reiche Klöster und stattliche Burenplaatsen, ja sogar eine Stadt gestanden haben sollen.
Die Namen von mehr als dreißig Ortschaften und Siedlungen sind bekannt, die im Laufe der Jahrhunderte dort vor dem jetzigen Seedeich von der Flut verschlungen worden sind. Opfer großer Sturmflutkatastrophen und – wenn man der Überlieferung Glauben schenken will – auch menschlicher Zwietracht.
Das andrängende Meer hätte nach der ostfriesischen Überlieferung wohl niemals ein solch großes Gebiet den Menschen zu entreißen vermocht, wenn das Friesenvolk einig gegen die Gefahr gestanden hätte. Bei solchem Sinnen in die Vergangenheit zurück wird die graue Schlickwüste vor dem Pogumer Deich zu einer furchtbaren Anklage: „Well nich will dieken, moet wieken…“.
Unter den Geschichtsforschern des Küstenlandes besteht keine volle Einigkeit über die Anzahl und über die Art der untergegangenen Siedlungen des Dollartgebietes, doch Gittermann zählt folgende Ortschaften auf: Die Stadt Torum als offenbar größte; sie soll eine eigene Münze besessen haben, und es heißt, dass acht Goldschmiede ihr Auskommen in ihr gehabt haben sollen. Torum muss also eine reiche Stadt gewesen sein. Er nennt ferner die Klöster Palmar und Osterreide. Die nachstehenden Ortschaften bezeichnet er als Dörfer; ein Teil von ihnen wird wohl aus einzelnen, besonders markanten Höfen oder kleineren weilerartigen Ortschaften bestanden haben: Goldthorn, Astock, Beerte, Cappel de Beerte, Reiderwold, Meerhusen, Torpere, Stoeksterhuess, Old-Exterhuess, Ost-Finsterwolde, Howinga-Gaste, Duvele, Haykeweer, Exterhuess, Medum, Megenham, Harkenborg, Blyham, Homingeham, Wynermeer, Osterheerde, Uiterheerde, Ockeweer, Sosurn, Sandop, Soxumerwold, Tiesweer, Wynham (Wynhamster Kolk im Rheiderland erinnert noch an diesen Ort), Stockdorp, Hakelsum, Westerreide, Osterreide, Germerwolde, Ewersmeer, Uiter-Pawinge, Leide, Berum, Fletum, Wilgum, Botter- oder Bundergarden, Donellum, Marckhusen, Hansum, Beda, Swart oder Swacht (St. Georgiwold wird heute plattdeutsch noch Swartwolde genannt), Midwold, Menern (auch als Kloster bezeichnet, vielleicht ein Klostervorwerk?), Bonsum, Lüdtgers Kerke, Peterswolde, de Borg, Garmy, Fymar, Winelham. Nach anderen Quellen sind noch andere Ortschaften im Dollart untergegangen, doch sind ihre Namen nicht mehr bekannt. Genannt wird u. a. wohl ein Dorf Strohkarken, von dem man jedoch nicht weiß, wo es gelegen haben soll. Namen versunkener Orte, in Vergessenheit versunken, wie die Mauern ihrer Häuser und Kirchen im Schlick versanken. Hier und dort führt ein ostfriesisches Schiff noch einen der alten Namen als letztes Andenken an das ertrunkene Land, über das sein Kiel zur Flutzeit dahinzieht.
(Verfasser unbekannt)
„Und dieses Leben sollt ihr billig kennen,
das Land wohl kennen, dem es angehört,
das immerdar in seiner Fluren Mitte
den deutschen Biedersinn, die eig‘ne Sitte,
der echten Freiheit längsten Spross genährt,
das meerentrungne Land, voll Gärten, Wiesen,
den reichen Wohnsitz jener tapfren Friesen.“
Abschrift aus dem Buch „Gemeinde-Chronik Böhmerwold-Bovenhusen“, verfasst von Anneus van Lessen. Das Buch ist verfügbar durch die Landschaftsbibliothek in Aurich.
Dörfer des Dollart vor der Überflutung